Ausgewählt und übersetzt durch das Kollektiv der „Alternativen Presseschau“
Wpered.su: Boris Litwinow: Von allen politischen Parteien Russlands hilft nur die KPRF systematisch den Volk des Donbass
Interview mit dem Ersten Sekretär des ZK der KP der DVR Boris Litwinow zur humanitären Situation im Donbass, zur Unterstützung durch die KPRF und zur Arbeit der Kommunisten vor Ort
Boris Alexejewitsch, erzählen Sie bitte, wie war die humanitäre Situation im Donbass, bevor aus Russland Hilfe kam?
Die humanitäre Situation im Donbass wurde ungefähr Mitte Sommer 2014 kritisch. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Menschen noch persönliche Ersparnisse, Lebensmittelvorräte, mehr schlecht als recht arbeiteten die Banken. Wir hatten nicht geglaubt, dass es wirklich zum Kriegszustand kommen wird, bis zum letzten Moment hofften wir auf den gesunden Menschenverstand der ukrainischen Machthaber. Nachdem die Ukraine den Geldfluss hierher eingestellt hatten, die Arbeit der Banken stoppte, da begann der Kollaps.
Die russische Währung hatten wir noch nicht, unsere eigene konnten wir nicht einführen, obwohl wir das vorbereitet hatten, und ukrainisches Geld war nicht mehr da. So begann der Kollaps.
Dann begann Russland humanitäre Hilfe hierher zu liefern. LKW-Konvois kamen sowohl über das Katastrophenschutzministerium der RF als auch von vielen gesellschaftlichen Organisationen. Bis dahin, dass ein Dorf Hilfe für ein anderes Dorf leistete. Zum Beispiel brachte ein Dorf des Kuibischewskij-Bezirks im Oblast Rostow Lebensmittel in den Amwrosijewskij-Bezirk der Donezker Volksrepublik. Unsere Parteiorganisation in Charzysk knüpfte Kontakte mit den Kommunisten in Saratow, die direkt Hilfe lieferten. Und solche Beispiele gibt es massenhaft.
Mit anderen Worten, die KPRF unterstützte von Anfang des bewaffneten Konflikts an das Volk des Donbass?
Die KPRF beteiligte sich schon in einem sehr frühen Stadium daran. Erstens riefen die russischen Kommunisten die Regierung der Rf dazu auf, das Recht unserer Republiken auf Selbstbestimmung anzuerkennen. Zweitens riefen sie eine Aktion zur Unterstützung der DVR und LVR ins Leben.
Das betraf vor allem die Menschen, die ihre Wohnung verloren hatten, von den durch die Ukraine okkupierten Gebieten auf unser Territorium kamen.
Die ersten Konvois der KPRF fuhren in die Lugansker Volksrepublik. 2014 bis 2015 wurde der Hauptteil der Hilfe den Militäreinheiten geliefert, die sich selbst mit der kommunistischen Bewegung identifizierten. Das war zum Beispiel die Kommunistische Freiwilligen-Einheit, die zur Brigade Alexej Mosgowois gehörte. Die Unzterstützung ging in erste Linie dorthin, wo man sagte: „Wir stehen den Kommunisten nahe“. In die Donezker Volksrepublik kamen die Konvois der KPRF, beginnend mit dem 38. Konvoi, ab Juni 2015.
Auf den Geländer des Lenin-Sowchos im Moskauer Umland unterschrieb ich in Anwesenheit Gennadi Andrejewitsch Sjuganows im Namen der KP der DVR einen entsprechenden Vertrag mit der KPRF.
Wie wurden die humanitären Konvois der KPRF zusammengestellt?
Die KPRF wandte sich an ihre regionalen Strukturen, die vor Ort Aktionen zum Sammeln humanitärer Hilfe durchführten. Das waren Lebensmittel, Baumaterial, Kleidung, Spielzeug, Bücher, Schulbücher. Es gab direkt einen Aufruf von Schülern Russlands den Kindern der Dnezker Volksrepublik mit Schulbüchern zu helfen. Vor den Supermärkten standen Autos mit Losungen zur Unterstützung des Donbass, wo jeder Bürger für eine von ihm festgelegte Summe Lebensmittel kaufen und in den Sammelbehälter legen konnte. Dann wurde alles in das Zentrallager im Lenin-Sowchos gebracht, wo die Konvois zusammengestellt wurden. Dorthin kam humanitäre Hilfe aus den meisten Regionen Zentralrusslands. Wenn die Fahrzeuge aus dem Moskauer Gebiet losfuhren, starteten parallel dazu die Fahrzeuge aus dem Kaukasus. Das sind die Stawropol-Region, Karatschajewo-Tscherkessien, Nordossetien, Karbardino-Balkarien. Im Endeffekt kamen auf das Territorium des Donbass drei, vier, manchmal auch fünf Fahrzeuge. Aus dem Kaukasus kam meistens Mehl und Mineralwasser, was sehr wichtig war für unsere Soldaten, besonders im Sommer.
Lebensmittel und Baumaterial kam vor allem aus Zentralrussland.
In der LVR ging die humanitäre Hilfe vor allem an die Militäreinheiten. Und in der DVR?
In der DVR hatte die KPRF die Aufgabe übernommen, den Rechtsschutzorganen des Innenministeriums der Donezker Volksrepublik zu helfen. Im MdI gab es auch viele Sympathisanten der Kommunistischen Partei. Ungefähr bis zum 45. Konvoi war die Unterstützung im Wesentlichen für die Truppen des Innenministeriums. Ende 2015 bat ich die KPRF, mehr Aufmerksamkeit auf konkrete Objekte zu richten. So lieferten die russischen Kommunisten z.B. dem Ersten Militärhospital viele Lebensmittel und Medikamente., ungefähr 10 Mal. Jeder folgende Konvoi ging an das Militärhospital.
Außerdem wurde der Beschluss gefasst, unsere Mitarbeiter im Bereich Kultur zu unterstützen. Das waren as Dramatische Theater und die Krupskaja-Bibliothek. In erster Linie wurden Bücher und Lebensmittel geliefert. Die Mitarbeiter des Dramatischen Theaters wohnten buchstäblich direkt an ihrem Arbeitsplatz, kochten auf Elektrokochern, weil ihr Wohnheim unter Beschuss lag.
Gleichzeitig wählten wir zur Lieferung von humanitärer Hilfe einen ganzen Bezirk aus – den Thälmannowskij-Bezirk. Hier waren wir kommunistischen Abgeordneten in den Volkssowjet der DVR gewählt worden, der verstorbene Wadim Saibert, stellvertretender Kommandeur der 1. separaten Motschützen-Brigade, und ich. Dieser Bezirk litt sehr unter dem Beschuss der ukrainischen Streitkräfte. Auch jetzt finden dort Kampfhandlungen statt. Wir haben dorthin viel Baumaterial geliefert für den Kindergarten, die Schulen, die Entbindungsklinik, aber auch für Häuser des privaten Sektors.
Gemeinsam mit den russischen Genossen dachten wir uns aus, dass dort, wo die Scheiben zerbrochen waren, durchsichtiges Polystyrol geklebt werden kann. Das erwies sich als richtig gut. Es hält warm und zersplittert nicht bei Artilleriebeschuss. Wenn eine Druckwelle kommt, hält es stand. Und wenn Splitter herumfliegen, hinterlassen sie nur ein kleines Löchlein. Wir lieferten auch viel Kleidung. Menschen aus den zerschossenen Dörfern, die am Fluss Kalmius gelegen sind, kamen zu uns und erhielten Kleidung.
Außerdem lieferten wir Mehl aus Stawropol nach Gorlowka. Das Ortsparteikomitee organisierte dort eine Bäckerei, in der sie so ungefähr 1.500 Laibe am Tag buken. Das war Brot für einen Sozialpreis (Preisermäßigung – Anm. d. Übers.). Wenn im Geschäft der Laib Brot 14 bis 16 Rubel kostete, so kostete der aus dem „humanitären Mehl“ 8 bis 9 Rubel. Ein Teil der Produktion verkauften sie über das Stadtkomitee der Partei, ein Teil über Verkaufsstände.
Als das Verteidigungsministerium mit dem Bau von Befestigungen begann, wandten sie sich dort an uns wegen Unterstützung, damit wir Zement, Spanplatten und andere Baumaterialien herbringen. Wir haben mit Baumaterial die Gesellschaft der Gehörlosen, aber genauso die Instandsetzung der Kirche im Leninskij-Wohnbezirk von Donezk unterstützt.
Boris Alexejewitsch, wie stehen die Dinge jetzt mit der Lieferung humanitärer Hilfe?
Seit Oktober 2016 änderte die Regierung der DVR die Regeln zum Durchlass humanitärer Hilfe. Heute liefert praktisch keine gesellschaftliche Organisation hierher Hilfsgüter. Humanitäre Hilfe kommt ausschließlich über das Katastrophenschutzministerium Russlands, deshalb hatte unsere Vereinbarung mit der KPRF automatisch seine Gültigkeit verloren. Trotzdem hat die KP der Russischen Förderation nicht aufgehört, der Donezker Volksrepublik zu helfen. Alle zukünftigen Konvois gehen erst einmal an das Katastrophenschutzministerium. Wie dann die Verteilung der humanitären Güter abläuft, wissen wir nicht. Die KP der DVR hat keine Möglichkeiten, diesen Prozess zu kontrollieren.
Wie beurteilen Sie diese Neuregelung?
Meiner Meinung nach ist es dafür zu früh.Die Staatsmaschinerie schafft es nicht immer, die bedürftige Bevölkerung rechtzeitig zu berücksichtigen und dafür zu sorgen, dass ihr Bedarf abgesichert wird. Zum Beispiel erhalten unsere Rentner eine Mindestrente von 2800 Rubel. Ich habe das Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik konsultiert und herausgefunden, dass auf dem Territorium der DVR etwa 300.000 Menschen Unterstützung benötigen. Dazu zählen Invaliden, Veteranen des Großen Vaterländischen Krieges, alleinstehende Mütter und kinderreiche Familien. Insgesamt gibt es 2.350.000 Einwohner in unserer Republik. Um den Bedarf der Bedürftigen zu sichern, werden auf alle Fälle 100 Mio Rubel im Jahr benötigt. Doch unsere Republik hat so viel Geld nicht. Es ist auch heutzutage noch notwendig, den Organisationen, wenn sie überprüft worden sind, die Möglichkeit zu geben Hilfe zu erhalten und zu verteilen. Uns at die Staatsanwaltschaft schon zweimal überprüft und das Katastrophenschutzministerium auch, es gab nie Beanstandungen.
Wie vielen Einwohnern des Donbass konnte, nach Ihren Berechnungen, ein Konvoi der KPRF helfen? Und gibt es Bedürftige für humanitäre Unterstützung unter den Mitgliedern der KP der DVR?
In einem Konvoi der KPRF sind im Schnitt 40t. Eine durchschnittliches Lebensmittelpaket wiegt ungefähr 5kg. So konnten ungefähr 8.000 Menschen mit Lebensmitteln versorgt werden. Es kann sein, dass das im Rahmen der Republik nicht viel ist. Aber das ist nur die KPRF! Natürlich können die russischen Kommunisten nicht alle Bedürftigen versorgen, aber dafür gibt es ja auch noch das Katastrophenschutzministerium der RF und viele andere Organisationen.
Ich kann sagen, dass unter den Mitgliedern unserer Partei Militärangehörige, Veteranen und Invaliden sind. Sie benötigen ebenfalls Hilfe. Wenn wir die Möglichkeit hätten, weiter humanitäre Hilfe zu empfangen, würden wir ihnen helfen können.
Zum Beispiel gib es eine Parteiorganisation im Petrowskij-Wohnbezirk von Donezk, der an der Frontlinie liegt und unter den Kampfhandlungen der ukrainischen Armee leidet. Unsere Mitglieder dort wissen sehr gut, wer welche Art von Unterstützung dort benötigt. Es gibt die Frontdörfer Alexandrowka und Petrowskoje. Dort gibt es auch unsere Parteiorganisationen. Sie haben sich an uns gewandt, damit wir mit Sachen, Schulkleidung und Lebensmitteln helfen. Zum Beispiel konnten dank der russischen Kommunisten und unserer Arbeit alle Schulkinder des Thälmanosckij-Bezirks am 1. September 2015 in Schulkleidung zur Schule gehen.
Ähnliches haben wir in Charzysk gemacht. Das örtliche Stadtkomitee bat das Zentralkomitee der KP der DVR um Hilfe. In den Wohnheimen des Charzysker Betriebs für Rohrleitungen lebten 580 Flüchtlingsfamilien und wir haben ihnen für 6 Monate Unterstützung gegeben. Der Kantine des Wohnheims lieferten wir Lebensmittel. Auch in 8 Sozialkantinen von Makejewka haben wir Lebensmittel gebracht. Außerdem haben wir seinerzeit in Donezk, in der Sozialapotheke, auf Rezept der Ärzte kostenlos Medikamente ausgegeben. Es gab sogar Fälle, da haben unsere Kommunistinnen aus aufgetrennter Kleidung Tarnnetze für die Soldaten geflochten.
Über die KPRF-Route haben wir Ballettschuhe für die Tänzer des Theater für Oper und Ballett organisiert. Heute tanzt das gesamte Ballettensemble mit Schuhen, die die KPRF aus der Werkstatt des Bolschoi-Theaters hergebracht hat. Sie werden noch für 2 Jahre reichen. Früher wurden die Ballettschuhe in Kiew hergestellt, aber jetzt kommt natürlich von dort nichts mehr.
Und es gibt noch ein gutes Beispiel – das ist die kinderreiche Familie Gubarj aus Makejewka. Die Mutter verstarb an einer Krankheit. Der junge Vater, nur knapp über dreißig, blieb mit seinen 8 Kindern allein zurück. Er ist außerordentlich fleißig. Die KPRF lieferte ihm und seinen Kindern Lebensmittel für ein halbes Jahr. Das waren Graupen, Nudeln, Konserven und Mehl. Und in ein Donezker Krankenhaus wurden Herzschrittmacher geliefert, die es in der Republik einfach nicht gab. Und solche Beispiele könnte man noch viele anführen.
In den meisten Fällen wurde die Hilfe der KPRF für die bedürftigen Mitglieder der KP der DVR wegen der neuen Regelungen in der Republik gestoppt.So liegen beispielsweise in den Lagern des örtlichen Bezirkskomitees der KPRF in Krasnodar 3t Lebensmittel. Früher wurden sie an konkrete Parteiorganisationen gelagert. Das, was die Menschen vorrätig hatten, wurde gesammelt und übergeben. Überschüsse konnte man im Krankenhaus abgeben. Jetzt können diese Lebensmittel nicht mehr hergebracht werden, weil wir sie nicht annehmen dürfen.
Unseren bedürftigen Mitgliedern und Sympathisanten helfen wir jetzt mit unseren privaten Mitteln. Ein Beweis dafür ist die aktive Tätigkeit des Ersten Sekretärs des Stadtkomitees des Leninschen Komsomol in Makejewka Anton Sajenko. Er führt mit seinen Freunden Veranstaltungen für Kinder durch und das Geld dafür knapsen sie von ihrem geringen Stipendium ab. Der Club, in dem sie sich versammeln, erhielt vor kurzem von Marjana Naumowa Hilfe, er wurde instandgesetzt und Sportgeräte gekauft.
Dennoch unterstützt die KPRF auch weiterhin das Volk des Donbass, ungeachtet der neuen Regelungen.
Ja, das macht sie weiterhin, wie sie es von Anfang an getan hat. Doch heute, da sich die Regelungen geändert haben, muss man vom Sammeln von Lebensmitteln und anderer Hilfen zum Sammeln von Spenden übergehen. Dies würde dann auch Frachtversandkosten sparen. So kostet ein LKW zwischen 60.000 und 70.000 Rubeln. Für dieses Geld könnte man zusätzlich Lebensmittel kaufen. Und wenn man bedenkt, dass immer mehrere LKW gekommen sind, so ergibt sich eine beachtliche Summe.
Aber warum unterstützen die anderen politischen Parteien in Russland den Donbass nicht so, wie es die KPRF tut? Sie erklären doch ständig ihre Solidarität.
Ich hatte auch mit anderen politischen Parteien in Russland zu tun, insbesondere mit „Gerechtes Russland“. Als humanitäre Hilfe schlugen sie zum Beispiel vor, eine teure Ikone in den Donbass zu bringen. Jedoch besteht, meiner Meinung nach, dringenderer Bedarf an Lebensmitteln und Baumaterial. Aber einmal hierher zu kommen, ergibt noch lange gute Bilder für das Fernsehen. Aber das ist keine systematische Arbeit. Oder wie Schirinowski, der einem Soldaten einen Jeep schenkte, davon wurde noch ein halbes Jahr berichtet. Das alles sind einmalige Aktionen. Von allen politischen Parteien der RF erhält das Volk des Donbass nur von der KPRF systematisch Hilfe.
Danke für das Gespräch!